Am 11. Dezember 2019 fand der Merck Site Visit in Darmstadt statt. Unter Leitung von Michaela Gratzfeld, Leon Tuyishime und Michael Hell (Merck KGaA) bekamen wir einen spannenden Einblick in die Tablettenproduktion und -forschung im Stammwerk von Merck.Zu Beginn stellten Leon Tuyishime und Michaela Gratzfeld das Karlsruher ISPE Student Chapter den Teilnehmern vor. Daraufhin wurde uns das Unternehmen Merck von Michael Hell präsentiert. Merck ist ein weltweit tätiges Pharma- und Chemieunternehmen mit rund 56.000 Mitarbeitern in 66 Ländern (Stand 2019). An der Merck KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) halten Kommanditaktionäre rund 30 Prozent des Gesamtkapitals, die Familie Merck über die E. Merck KG als Komplementär rund 70 Prozent. Das Merck Unternehmenskonzept gliedert sich in drei Hauptbereiche: Healthcare, Life Science und Performance Materials. Im Bereich Healthcare entwickeln die Mitarbeiter von Merck Medikamente für die Allgemeinmedizin, Endokrinologie, Onkologie, Neurologie und Immunologie, hilft bei unerfüllten Kinderwünschen oder bei der Immuntherapie gegen Allergien. Die Sparte Life Science umfasst Klinik und Diagnostik, Biotechnologie, Umwelt- und Nahrungsmittelanalysen, industrielle Mikrobiologie, biopharmazeutische Produktion, Arzneimittelforschung und die Qualitätskontrolle bei Arzneimitteln. Im letzten Hauptbereich der Performance Materials hat man sich auf Automotive, Displays, Effektpigmente, Functional Solutions, Kosmetik und Optoelektronik spezialisiert, wobei mittlerweile auch immer mehr in die Halbleiterforschung investiert wird.
Im Anschluss an die Vorstellungsrunde hielt Gertjan Reichman (Merck KGaA) einen interessanten Vortrag über „kommerzielle Arzneimittelproduktion bei Merck“. Dabei ging es um Strategien zur Abschätzung, ob es aus mathematischer und statistischer Sicht rentabel ist, vom traditionellen Batch-Prozess auf kontinuierlich produzierende Anlagen umzurüsten. Gertjan Reichman stellte den Teilnehmern Herangehensweisen vor, um die verschiedenen Aspekte der Umrüstung adäquat miteinander vergleichen zu können. Dabei wurden die Standorte Deutschland, China und Brasilien gewählt, um Unterschiede der verschiedenen Länder aufzuzeigen und etwaige Schwierigkeiten vorzustellen. Das Resultat der Case Study war, dass sich die Umstellung von einer Batch-Prozessstruktur auf eine kontinuierliche aus wirtschaftlicher Sicht nicht lohnt.
Daraufhin wurden in zwei Gruppen das Entwicklungslabor für feste Arzneiformen und die Tablettenproduktionslinie besichtigt. Im Entwicklungslabor wird derzeit an einer kontinuierlichen Anlage für Granulierung, Trocknung, Verpressung und Coating von Tabletten geforscht, um die Funktionalität und Effektivität, aber auch Grenzen des Systems zu bestimmen. Desweiteren hält auch die 3-D-Druck-Technologie Einzug in die Tablettenproduktion. Im Zuge dessen konnten die Teilnehmer die Forschung hautnah miterleben, denn die drei Mitarbeiter des Forschungsteams zeigten den Gruppen nicht nur die Gerätschaften und deren Arbeitsplatzstruktur, sondern man durfte die Devices auch live im Einsatz beobachten. Schwierigkeiten und aktuelle andere Forschungsthemen, aber auch Fortschritte und kreative provisorische Hilfsstützen zum Erreichen des Forschungsziels wurden näher beleuchtet, wodurch sich ein breit gefächerter Einblick in den Innovationsbereich des Entwicklungslabors ergab.
Bei der Besichtigung der Tablettenproduktion wurden die großen Granulier-, Trocknungs-, Verpressungs- und Coatinganlagen vorgestellt, die für die Produktion von mehr als 10 Milliarden Tabletten im Jahr ausgelegt sind (entspricht etwa 50-60 % der gesamten weltweiten Tablettenproduktion von Merck KGaA). Für die Optimierung und Ergonomisierung der Produktion wurden die Gerätschaften speziell für die Tablettenherstellung konzipiert, dies durfte auch live miterlebt werden. Neben Herstellung gab es auch noch den Analytikteilbereich zu sehen. Der stellvertretende Abteilungsleiter der Tablettenproduktion zeigte den Teilnehmern auch die Schwierigkeiten und Sicherheitskonzepte (vor allem bezüglich Sauberkeit) auf und erklärte, wie sich die Gebäudeinfrastruktur anpassen musste, um die Produktion von 3 auf über 10 Milliarden Tabletten zu steigern.
Zwischen den beiden Besichtigungstouren konnte beim gemeinsamen Mittagessen mit dem Forschungsteam des Entwicklungslabors, Fachkräften aus dem Human Ressources Bereich und der Produktionslinie ausgiebig über die erhaltenen Eindrücke diskutiert werden. Die abschließende Präsentation zeigte den Teilnehmern den Werdegang von Mitarbeitern, Einstiegsmöglichkeiten, Konzepte zur beruflichen Weiterbildung und soziale Aktivitäten der Merck-Group. Dabei wurde von den anwesenden Merck-Mitarbeitern immer wieder Fokus auf die angenehme familiäre Firmenpolitik und den Aufbau und die Weiterbildung von Mitarbeitern (anstelle von Neubesetzung von Stellen) wert gelegt. Nach Abschluss der Präsentation wurden die anwesenden Mitarbeiter bei einer ausgiebigen Gesprächsrunde mit allerlei Fragen der Teilnehmer gelöchert. Dabei konnte das Interesse sowohl am ingenieurwissenschaftlichen Bereich als auch am Personalerbereich abgedeckt werden. Nach Ankunft in Karlsruhe wurde noch gemeinsam zu Abend gegessen, wer Lust und Laune hatte.
Ein herzliches Dankeschön gilt dem Organisationsteam des Merck-Site-Visits, Michaela Gratzfeld und Leon Tuyishime für die Leitung der Organisation und Michael Hell von der Merck-Group, der sich um die spannenden Führungen und Vorträge gekümmert hat.
Euer Maximilian Ell